Test Hörerlebnis Ohm Walsh AE 5000 IS

Ich möchte Ihnen mit der AE 5000 IS von Audible Emotions ein besonderes Lautsprechersystem vorstellen, das mir in den vergangenen Wochen viel Freude bereitet hat und das es verdient, von Ihnen entdeckt zu werden.

Aus "Hörerlebnis" das Magazin für High Fidelity von Meik Wippermann (http://www.hoererlebnis.de)

Wie Sie als regelmäßige Leser unseres Magazins sicherlich schon festgestellt haben, bin ich Anhänger von Studiomonitoren. Will heißen von Lautsprechern, die als Werkzeuge für Tonmeister erdacht wurden und die Aufgabe haben, den Hörer über die Qualität einer Aufnahme oder eines Masterings nicht im Unklaren zu lassen. Bei solchen Abhörwerkzeugen handelt es sich naturgemäß um direkt abstrahlende Systeme, ein Rundumstrahler ist mir bisher in keinem Studio untergekommen. Und ich habe schon so einige renommierte Studios im Laufe des vergangenen Jahrzehnts besucht. Vielleicht gerade deshalb war ich daran interessiert, einmal einen Lautsprecher bei mir zu erproben, der ganz anderen Idealen verpflichtet ist und auch auf anderen Konstruktionsprinzipien, wie sie im Studiobereich gerade nicht üblich sind, basiert.

Wer im Geschichtsbuch der Lautsprecher-entwicklung blättert,  findet dort auch den Namen Ohm Walsh

Wer im Geschichtsbuch der Lautsprecherentwicklung blättert, findet dort auch den Namen Ohm Walsh. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stellte Ohm Walsh in den USA die Ohm F vor, sozusagen die Mutter aller heutigen Ohm Walsh Lautsprecher. Herzstück ist die sogenannte „Coherent Line Source“ (CLS), welche sich durch Impulstreue, hohe Bandbreite, gleichmäßige Abstrahlung und körperlich fühlbare Tiefbasswiedergabe auszeichnen soll. Die CLS ist ein senkrecht stehender Schallwandler, dessen Schwingspule eine speziell für diesen Zweck optimierte Membran zu Biegeschwingungen anregt. Nach Angaben des Herstellers durchlaufen die Biegewellen den kegelförmigen Schallwandler von oben nach unten mit Überschallgeschwindigkeit und werden am unteren Ende reflexionsfrei abgeschlossen. Die von diesem Kegel abgestrahlten Schallwellen summieren sich zu einer zylindrischen Welle, die sich gleichmäßig rundum im Raum ausbreitet. Im Bassbereich arbeitet der Kegel mit kolbenförmigen Bewegungen, wie man das von klassischen Tieftönern her kennt. Ein einziger Schallwandler soll damit das gesamte Audio-Spektrum von 20 Hz bis 20 kHz abdecken, ohne dass es einer Frequenzweiche bedarf. Zur Abrundung sei noch erwähnt, dass die neueren Ohm Walsh Systeme einen Treiber nutzen, der für Tieftonwiedergabe mit Bassreflexunterstützung optimiert ist. Und ein zusätzlicher Superhochtöner deckt die beiden oberen Oktaven ab. Das ideale System also? Dazu etwas später mehr.

Botschafter […] die interessierten Hörern den Zugang zu ihren eigenen Lautsprechern gestatten.

Gestatten Sie mir zunächst noch den Hinweis, dass es Ohm Walsh Lautsprecher in verschiedenen Größen und abgestimmt auf unterschiedliche Raumsituationen gibt. Und verbunden damit natürlich auch in ganz verschiedenen Preisklassen. Ich habe mich für das Spitzenmodell, die AE 5000 IS, entschieden weil diese mit einem Paarpreis von 6.150 Euro angesichts des getriebenen Aufwands durchaus noch als günstig anzusehen ist. Dies hat natürlich einen Grund. Denn Audible Emotions, der deutsche Repräsentant der Ohm Walsh Lautsprecher, vermarktet diese Systeme (derzeit) ausschließlich im Direktvertrieb. Jetzt könnten wir trefflich darüber diskutieren, ob diese Vermarktungsform überhaupt in unser Magazin passt, den potentiellen Interessenten in Deutschland ausreichend Hörmöglichkeiten zur Verfügung stehen, und viele Fragen mehr. Aber mit einem derartigen Nischenprodukt, wie es die Ohm Walsh Lautsprecher darstellen, kann man eben in Null Komma Nix kein Vertriebssystem mit Händlernetz auf die Beine stellen. Deshalb nimmt Matthias Ertel, gelernter Physiker und Inhaber von Audible Emotions, auch große Wege auf sich, um Interessenten einen Hörtest in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Zudem hat sich schon ein kleines Netzwerk sogenannter „Botschafter“ entwickelt. Dabei handelt es sich um zufriedene Besitzer von Ohm Walsh Lautsprechern, die interessierten Hörern den Zugang zu ihren eigenen Lautsprechern gestatten. Dadurch kann man erste Hörerfahrungen mit den Ohm Walsh Systemen machen, ohne gleich einen aufwändigen Hörtest im eigenen Raum organisieren zu müssen. Ein durchaus nachahmenswertes Konzept.

Allen noch so speziellen Designwünschen [kann] Rechnung getragen werden.

Matthias Ertel hat mir ein Paar seiner AE 5000 IS persönlich gebracht und in meinem Hörraum mit Hilfe der Intelligenten Steuereinheit (IS) installiert. Dieses kleine Kästchen wird idealerweise zwischen Vor- und Endstufe geschaltet und erlaubt unter Verwendung eines Rechners via USB entsprechende Frequenzgangkorrekturen für eine optimierte Wiedergabe im jeweiligen Raum. Das Einmessprozedere hat bei mir keine fünfzehn Minuten gedauert. Die Aufstellung der beiden Lautsprecher erfolgt parallel zueinander, bei mir mit einer Basisbreite von circa drei Metern. Etwas Platz zur begrenzenden Rück- bzw. Seitenwand sollte man diesen Lautsprechern allerdings gönnen, denn es handelt sich ja um Rundumstrahler, die diesem Konstruktionsprinzip entsprechend einfach etwas freier atmen wollen. Kurz noch etwas zur Herstellung und zum Erscheinungsbild der Lautsprecher. Audible Emotions kauft die großen Ohm Walsh Schallwandler beim Hersteller in den USA ein und integriert sie in handwerklich exzellent verarbeitete Gehäuse eines hiesigen Tischlers. Dadurch kann allen noch so speziellen Designwünschen Rechnung getragen werden. Die von mir getestete Version ist als sogenannter Pyramidenstumpf konzipiert. Auf einem furnierten Korpus „thront“ der eigentliche Schallwandler, der durch eine mit Stoff bespannte „Kopfbedeckung“ unsichtbar ist. Wer der Meinung ist, es klänge so besser, kann den Ohm Walsh Wandler auch völlig ohne Verdeck betreiben. Die Masse des Gesamtsystems sind 45x45x106 cm, also durchaus noch als wohnraumfreundlich zu bezeichnen. Furniere nach Gusto, jedem noch so speziellen Wunsch kann durch Einzelanfertigung Rechnung getragen werden. Auf der Rückseite findet sich ein Paar solider Lautsprecherklemmen, Klar, mehr braucht man mangels komplexer Frequenzweiche auch nicht. Daher kein Spielplatz für Bi-Wiring oder Bi-Amping Begeisterte. Die Wahl der Elektronik fiel bei diesem Test auf eine Vor-/Endstufen-Kombination von Electrocompaniet, Vorstufe EC 4.8 und Endstufe AW-120. Als Zuspieler nutzte ich den Universalspieler EMP-1, ebenfalls von Electrocompaniet. Alles symmetrisch und auch Lautsprecherseitig verkabelt mit dem bewährten WSS Goldline. Die AE 5000 IS verfügen über einen durchschnittlichen Wirkungsgrad, benötigen deshalb keine übermaÅNssigen Verstärkerleistungen. Mit den 2×120 Watt der EC Endstufe befand ich mich jederzeit im grünen Bereich, auch wenn es etwa bei Mahler 2 so richtig zur Sache ging.

Man kann, so soll es idealerweise ja auch sein, keinen Lautsprecher orten.

Ich gebe offen zu, dass ich mich als großer Liebhaber von präzisen Studiomonitoren à la Geithain zunächst erst einmal an die Abbildung der Ohm Walsh Schallwandler gewöhnen musste. Denn was meine Geithain Monitore an Ortungsschärfe und Abbildungspräzision bieten, ist für mich nach wie vor maßstabsetzend und unerreicht. Das hat aber nicht dazu geführt, dass ich mit den AE 5000 IS nicht klargekommen wäre. Ganz im Gegenteil. Sie sind einfach so anders als die Systeme aus Geithain, dass sich ein unmittelbarer Vergleich für mich nicht wirklich aufdrängt. Ich habe mich also mit den Ohm Walsh Wandlern auf eine ganz andere musikalische Reise begeben, die ich Ihnen im Folgenden zu beschreiben versuche. Am besten tue ich dies anhand einiger Aufnahmen, die ich während der Erprobung der AE 5000 IS extensiv gehört habe. Zunächst Beethovens Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op. 61. Bekanntlich hat der Bonner Meister nur ein einziges Konzert der Geige gewidmet, aber was für eines. Ich habe die Einspielungen, die ich in meiner Sammlung habe, nicht gezählt. Es sind ganz bestimmt mehr als zehn Aufnahmen. Lassen wir mal meinen Lieblingsgeiger Jascha Heifetz außen vor, seine Aufnahme mit dem Boston Symphony Orchestra unter Charles Munch läuft sozusagen außer Konkurrenz. Meine zweitliebste ist die Einspielung von Anne-Sophie Mutter mit den New Yorker Philharmonikern unter Kurt Masur (DGG 471 633-2, SA-CD). Anne-Sophie Mutter und Kurt Masur haben einige musikalische Projekte miteinander erarbeitet, der Beethoven ist dabei meines Erachtens besonders gut gelungen. Und die Aufnahme ist derart gut, dass ich sie zum Besten zähle, was im vergangenen Jahrzehnt auf den Markt gekommen ist. Wie klingt nun dieses Konzert über die Ohm Walsh? Weiträumig, mit einer Bühne, die in Breite und Tiefe deutlich über die Lautsprecherbasis hinausgeht. Man kann, so soll es idealerweise ja auch sein, keinen Lautsprecher orten. Die Violine wird greifbar in den Raum gestellt, tonal sehr schön mit einem wunderbaren Schmelz und frei von Kompressionen in den kritischen Forte-Passagen. Auch beim Orchester herrscht Ordnung, soll heißen, dass das New York Philharmonie Orchestra an seinem Stammsitz in der Avery Fisher Hall im Lincoln Center dreidimensional mit guter Plastizität in meinen Hörraum gestellt wird, wobei die Ohm Walsh ohrenscheinlich mehr Wert auf das große Ganze legt als den kleinsten Details im Orchestergeschehen nachzuspüren. Der Bassbereich hat viel Substanz und Tiefgang, wenn er auch die letzte Konturschärfe vermissen lässt. Das habe ich ehrlich gesagt auch so erwartet, denn der gesamte Frequenzbereich wird ja hier von einem einzigen Wandlersystem abgedeckt. Tiefbassunterstützung durch einen dynamischen Bass, wie bei vielen anderen rundumstrahlenden Lautsprechern gibt es hier nicht. Ich glaube hierin liegt auch das Geheimnis der Homogenität der Ohm Walsh Systeme. Es spielen keine unterschiedlichen Schallerzeugungssysteme „gegeneinander“, die sich schon von ihrem Wirkprinzip her grundsätzlich nicht wirklich vertragen. Und da es die eierlegende Wollmilchsau bekanntlich nicht gibt, muss man mit kleinen Schwächen einfach leben (lernen). Dafür überwiegen die Stärken des Ohm Walsh Prinzip und man versteht sehr schnell, warum Liebhaber dieses Systems nicht mehr zu direkt abstrahlenden Lautsprechern zurückkehren wollen. Denn als echte Stärke dieses Prinzips erweist sich die Fähigkeit, den Raum mit Musik auf eine Weise zu erfüllen, die schon sehr einnehmend ist. Einen echten Sweetspot braucht man nämlich nicht, auch auf einem vermeintlich ungünstigen Hörplatz kann man Aufnahmen in ihrer ganzen räumlichen Tiefe und Breite erleben, wenn der Tonmeister sein Handwerk verstanden hat.

Ich hielt den Atem an und mein Herz schlug schneller.

Apropos Tonmeister, die ihr Handwerk verstehen. Eines meiner favorisierten Werke zur Beurteilung der Qualität von Lautsprechern ist die 2. Sinfonie Gustav Mahlers. Gerade in diesem Mai hatte ich anlässlich des Gustav Mahler Festivals in Leipzig die Gelegenheit, dieses monumentale Werk mit dem Gewandhausorchester, dem Rundfunkchor Berlin und dem MDR Rundfunkchor unter der Stabführung Riccardo Chaillys live zu hören. Vor allem der Schluss des Werkes unter Mitwirkung aller Beteiligten und der großen Orgel des Gewandhauses war einfach nur atemberaubend. Ich hielt den Atem an und mein Herz schlug schneller. Was für eine Musik, was für ein Genie, der solche Noten geschrieben hat. Mahlers 2. habe ich auch mit den AE 5000 IS gehört und selbstverständlich ohne den Vergleich mit meinem Livererlebnis vom Mai heranzuziehen. Das wäre unfair, denn das kann kein Lautsprecher dieser Welt adäquat reproduzieren. Aber nichts desto trotz war auch das Hören dieses Werkes über die Ohm Walsh alles andere als enttäuschend. Große Sinfonik mit Chor ist vielleicht sogar eine Domäne dieser Lautsprecher, weil sie eine sehr opulente Bühnendarstellung pflegen und mit großer Souveränität und Kraft agieren. Eine meiner Lieblingsaufnahmen ist der Livemitschnitt mit dem Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Otto Klemperer aus dem Jahr 1965 (EMI 5 66867 2). Diese Aufnahme aus dem Herkulessaal der Münchener Residenz ist allein schon wegen der Besetzung mit den beiden Solistinnen Janet Baker und Heather Harper maßstabsetzend. Ich kenne keine bessere solistische Besetzung dieses Werkes auf Schallplatte oder CD. Wenn Sie glauben, Mahler 2 wirklich gut zu kennen, sollten Sie sich einmal diese Aufnahme besorgen. Ich bin überzeugt, Sie werden hier noch einiges Neues entdecken. Über die AE 5000 IS gelingt das in jedem Fall.

Damit möchte ich nun den Bogen zum Titel und damit zum Anfang dieses Berichts spannen, und da darf natürlich die 9. Sinfonie Antonin Dvoraks in meiner Beschreibung nicht fehlen. Die Einspielung ist selbstverständlich klar, es handelt sich um die Wiener Philharmoniker unter Istvan Kertesz, eine der Jahrhunderteinspielungen der Decca mit dem berühmten gleichnamigen Sound. Unzählige Male in unterschiedlichen Serien und Aufmachungen veröffentlicht, zuletzt gerade als Bestandteil der 50 CD Box „The Decca Sound“.

Würde ich […] mehrere Hörraume mein Eigen nennen, eine Ohm Walsh würde bei mir […] ebenfalls ein glückliches Zuhause finden.

Ich favorisiere allerdings die SA-CD Version der japanischen Klangfreaks aus dem Hause Esoteric ( ESSD-90015). Was hier mit einem aufwändigen DSD-Mastering aus dieser 60er Jahre Aufnahme an Details noch herausgeholt wurde, ist beachtlich. Sie ist vor allem aber für mich die „wärmste“ und angenehmste Version dieser interpretatorisch einzigartigen Einspielung. Und über die Ohm Walshs wird nur allzu deutlich, welche epochalen Eindrücke aus der Neuen Welt auf den Komponisten seinerzeit einströmten. So gewaltig und Ehrfurcht einflößend sind die Begegnungen mit den Wolkenkratzern, die Dvorak so einmalig in Musik umgesetzt hat. Aber auch Pop-/Rock und Jazz machen viel Spaß mit diesen Lautsprechern. Stevie Ray Vaughan zum Beispiel mit seinem unverwüstlichen „Tin Pan Alley“ war sehr eindrucksvoll. Selten habe ich dieses Stück mit so viel Drive und Rhythmus gehört. Oder auch „Just a little lovin'“ von der amerikanischen Sängerin Shelby Lynne, die auf diesem Album Dusty Springfield huldigt (Lost Highway 0602517448254). Aufgenommen und gemixt von Altmeister Al Schmitt, der diverse Grammy Awards für seine tonmeisterlichen Arbeiten eingeheimst hat. Diana Krall und Nathalie Cole profitierten bereits diverse Male von seinem Können.

Gibt es auch Kritik an diesen sehr besonderen Lautsprechern? Ja, im Tiefbass wünschte ich mir noch etwas mehr an Präzision und Neutralität. Aber das ist im Vergleich zu den Schokoladenseiten dieses Systems für mich von untergeordneter Bedeutung. Wie wichtig das für Sie ist, sollten Sie in einem Hörtest selbst für sich klären. Würde ich doch, wie unser Herausgeber Marco Kolks, mehrere Hörraume mein Eigen nennen, eine Ohm Walsh würde bei mir neben meinen Geithain Monitoren wohl ebenfalls ein glückliches Zuhause finden. MW

Das Produkt:
Lautsprecher Audible Emotions AE 5000 IS
Preis: ab 6.150 Euro/Paar
Hersteller und Vertrieb:
Audible Emotions
Matthias Ertel, Marktstrasse 7, 72160 Horb, Tel.: +49 (0)7451-1372
E-Mail: ertelm@gmx.de, Internet: www.audible-emotions.de

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